Stanislaw Lem – Umschlagabbildung „Transfer“

Der 1974 erschienen Roman Transfer von Stanislaw Lem wird von einem bemerkenswerten Titelbild auf dem Schutzumschlag illustriert. Mittig zentriert finden sich in schnörkelloser und scharf umrissener Typografie oben die Angaben; Autor, Titel und Verlag. Darunter wird es unklarer.

Vor dunkelgrünem, beinah tiefschwarzen Hintergrund, welcher oben links – einen zarten Lichteinfall markierend – leicht aufhellt, findet sich das Porträt einer Person. Im Vakuum des undefinierten Hintergrundes ist er eingefangen und gleichsam in Isolation entrückt, entkoppelt vom Rest. Ferner ist der Mann in dieser Leere nur gerade so noch als ein solcher erkennbar; Unschärfe überzieht seinen Körper, tilgt sein Antlitz und anonymisiert seine Erscheinung. Gerade die Augen liegen nur noch hinter trüben und seinen Blick verschleiernden Schattenflächen.

Überdies versetzt ihn die Opazität in bildräumliche Distanz, entfernt ihn vom Schauenden, nicht nur metrisch, sondern auch als jemanden, der gemäß einer zu geringen Tiefenschärfe aus dem Fokus geraten ist; infolgedessen schlägt die Färbung seines Haares, Teints und seiner Kleidung in den dunkelgrünen Grundton der unbestimmten Leere dahinter um, wir von ihr absorbiert. Die Tiefe ermächtigt sich schon (oder: noch?) Seiner, er ist nur flüchtig präsent, vielleicht gerade aus dem Grund hervorgetreten, oder dabei in ihm zu versinken. Dem ephemeren Wesen wird auch im Entlangwandern seiner Konturen Nachdruck verliehen; die linke Hälfte seiner Silhouette ist – vom Abglanz der benannten Lichtquelle touchiert – von einer hellen Linie umrissen, er selbst sodann als widerständiger Körper graphisch bewahrheitet. Nach rechts hin verliert sich diese festlegende Line, bricht ab, und überlässt seine fragil gewordene Substanz ungehindert dem Bildgrund.

Indes ist seiner in der Bildtiefe sich vollziehenden Verflüchtigung, der scheinbaren Auflösung der Gestalt in der Ferne, ein entsprechendes Element in der Nähe gegenübergestellt. Seine Linke ist entgegenkommend ausgestreckt und vom Bildausschnitt nur noch teilweise eingefasst, die Finger sind gerade noch zu sehen. In ihr nun fängt sich endlich leuchtend das Licht, als habe er sie prüfend ausgestreckt, um sich seiner materiellen Existenz zu versichern. Und obwohl sie aus der Tiefe in die Nähe gebracht ist, verlieren auch ihre Konturen an Klarheit. Vielleicht sind sie allzu nahegekommen und haben ein richtiges Maß überschritten. Sowohl sein Torso: zu fern, und seine ausgestreckte Hand: zu nah, liegen abseits der fokussierten Mitte – außerhalb des richtigen Abstandes kann er nicht richtig erscheinen. Erst im richtigen Verhältnis von Schauendem und Zu-Sehendem, erst wenn die Mitte gefunden ist, gewinnt seine Erscheinung ungetrübte Form und Schärfe. Und in der Mitte, da steht der Titel.